Es ist das Jahr 2022. Wir befinden uns in der Sapienza-Universität in Rom und im Virgo-Forschungszentrum bei Pisa. Die Kamera untersucht die Räume der Institutionen, in denen im September 2015 das erste Mal erfolgreich Gravitationswellen detektiert wurden. Räume, Treppen und Türen. Papierstapel, Tafeln und Whiteboards. Alles leer. Dann kommen Gliedmaßen ins Bild, die Wellen schlagen und rotieren. Es gibt kein Gespräch mit Wissenschaftler*innen, Bearbeiter*innen oder Presse-sprecher*innen – kein Interview darüber, wie, wann, wer, welche Entdeckung gemacht hat, welche Firma welches Instrument hergestellt hat, oder was das für die Menschheit bedeutet.
Surfing Einstein, das ist Astrophysik UND zeitgenössische Tanzperformance – zwei gänzlich unter schiedliche Disziplinen, die Welt zu erforschen und zu beschreiben. Das bedeutet auch, dass sich hier zwei Publika begegnen, die sich sonst wohl nur selten begegnen. Meritxell Campos Olivé ist mit ihrem Film etwas außer gewöhnlich Poetisches gelungen. Ein andächtiger Film über die onde gravitationale – so heißen Gravitationswellen wunderschön auf Italienisch. Denn immer dann, wenn in der dokumentarischen Performance gesprochen wird, hören wir eine Stimme auf Italienisch aus dem Off. Zu außerweltlichen Klängen und mit Gedanken-Gedichten geschmückt, erklärt Meritxell Campos Olivé in mehreren Akten den menschlichen Aspekt der Spitzenforschung: la frustrazione, la pazienza…
Es tanzen die Menschen, es sind nicht viele, durch die Räume der Universität und des Labors. Genau dort, wo Entdeckungen gemacht werden. Und es tanzen genau die, die sie gemacht haben: denn die Performer*innen sind Mitglieder der Fakultät. Es sind keine ausgebildeten Tän zer*innen, sondern Physiker*innen, Ingenieur*innen und Designer*innen. Den Forschenden bei ihrer tänzerischen Interpretation ihrer rationalen Arbeit zuzusehen, hat etwas Erhabenes und ist zugleich nahbar.
Ja, man muss sich einlassen, denn zu ungewöhnlich sind die Bewegungen die Treppe hinauf und herunter, die kreisenden Bewegungen an der Tafel. Tür auf Tür zu, klack, klack am Computer, verdrehte Gelenke. Es ist außerge wöhnlich und so eindrücklich, dass man sich fragt, ob man Abstraktes wie Gravitationswellen überhaupt anders hätte darstellen können.
Surfing Einstein zeigt uns die Schönheit der Forschung, die Schönheit der Physik, die Schönheit der Bewegung!